Berufslexikon Spezial: Welche Lehrberufe heute auf die Trends von morgen vorbereiten

Ob grüne Städte, mit dem E-Scooter cruisen, öfter fleischlos essen oder Pakete bestellen: Wie wir wohnen, uns fortbewegen und konsumieren, beeinflusst auch unsere Berufswelt. Die Lehrlingsausbildung reagiert auf große Trends wie die Ökologisierung oder die Digitalisierung. Neue Berufsbilder oder Spezialisierungen entwickeln sich, bestehende Berufe verändern sich.

Die Lehrlingsausbildung reagiert auf große Trends wie die Ökologisierung oder die Digitalisierung. Neue Berufsbilder oder Spezialisierungen entwickeln sich, bestehende Berufe verändern sich – und Jugendliche finden heute viele spannende und vielleicht noch wenig bekannte Lehrberufe, die in Zukunft stark nachgefragt sind.

Berufe im Fokus: 3 neue Lehrberufe

Seit dem Sommer 2024 gibt es drei neue Lehrberufe, die als befristete *Ausbildungsversuche geführt werden. Jugendliche, die diese Berufe erlernen, sorgen für kühlere Städte im Sommer, warme Wohnzimmer im Winter oder stellen gleichermaßen langlebige wie leichte Materialien her. Das sind „die Neuen“ im Porträt.

Grüner Daumen für ein besseres Mikroklima: Klimagärtnerin/Klimagärtner

Eine junge Gärtnerin steckt ein Schild mit der Beschriftung der Pflanzenart Wollziest in die Erde

© AMS / Chloe Potter

Klimagärtnerinnen und Klimagärtner begrünen Dächer und Fassaden. Grüne Gebäude sind nicht nur schön anzusehen, sondern vor allem sorgen die Pflanzen für Kühlung im Sommer, Wärmedämmung im Winter und verringern zudem die Lärm- und Schadstoffbelastung. Alle, die in diesem Beruf arbeiten, wissen genau, welche Pflanzen für welche Art der Bauwerksbegrünung am besten geeignet sind und wie sie bewässert werden.

Lehrzeit: 3 Jahre

Einkommen im 1. Lehrjahr: ab 750 Euro

Betriebe/Lehrbetriebe: Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus

Ähnliche Berufe (u.a.): BaumpflegerIn, Garten- und GrünflächengestalterIn, GartenbautechnikerIn für Gebäudebegrünung

Profis für Wärme aus der Ferne: FernwärmetechnikerInnen

Ein Bursche in blauer Arbeitsmontur bearbeitet an der Werkbank ein Rohr für eine Kälteanlage

© AMS / Reinhard Mayr / Das Medienstudio

FernwärmetechnikerInnen sorgen für die umweltfreundliche Beheizung unserer Gebäude und für Warmwasser aus der Ferne: Dabei wird Wärme dort genutzt, wo sie ohnehin entsteht, z.B. in der Industrie, im Zuge der Müllverbrennung oder bei der Stromerzeugung. Über isolierte Rohrleitungen wird die Fernwärme dann zu Haushalten, Schulen und Büros transportiert. FernwärmetechnikerInnen arbeiten in der Erzeugung und in der Verteilung, z.B. installieren, überwachen und warten sie Anlagen zur Fernwärme- und Fernkälteerzeugung oder auch Heizungs- und Kühlanlagen. FernwärmetechnikerInnen sind also gleichzeitig „FernkältetechnikerInnen“, auch wenn die Berufsbezeichnung nicht darauf hinweist.

Lehrzeit: 3,5 Jahre

Einkommen im 1. Lehrjahr: ab 908 Euro

Betriebe/Lehrbetriebe: Unternehmen der Fernwärme- und Fernkälteerzeugung

Ähnliche Berufe (u.a.): Installations- und GebäudetechnikerIn - Hauptmodul Heizungstechnik, GebäudetechnikerIn, SolartechnikerIn

Das Beste aus zwei Welten vereinen: FaserverbundtechnikerIn

Zwei Mitarbeiterinnen in der Kunststoffverarbeitung bearbeiten eine große, mehrlagige Plane

© AMS / Das Medienstudio

Wenn Fasern mit Füll- und Klebstoffen verbunden werden, entstehen langlebige, leichte, witterungsbeständige und strapazierfähige Materialien, die z.B. zum Bauen, für Fahrzeuge oder Sportgeräte benötigt werden. FaserverbundtechnikerInnen stellen Faserverbundstoffe und Faserverbundprodukte her, bedienen und überwachen Produktionsmaschinen, beheben etwaige Störungen, bearbeiten Rohprodukte und überprüfen die Qualität.

Lehrzeit: 3 Jahre

Einkommen im 1. Lehrjahr: ab 900 Euro

Betriebe/Lehrbetriebe: kunststoffverarbeitende Gewerbe- und Industriebetriebe

Ähnliche Berufe (u.a.): KunststofftechnikerIn (Lehre), KunststofftechnikerIn (Schule), SkibautechnikerIn

Fast neu – und bereit für weitere Lehrlinge: Verlängerte Ausbildungsversuche

Eine Sportgerätefachkraft stellt eine Skibindung ein

© AMS / Chloe Potter

Bereits seit ein paar Jahren laufen folgende vier Lehrberufe als *Ausbildungsversuche. Nun wurden sie verlängert – bis Ende 2026 können Interessierte noch eine Ausbildung in ganz unterschiedlichen Bereichen beginnen – von Sport über Kunst bis hin zu Logistik.

  • Wie kommt ein Paket effizient und auf dem schnellsten Weg an? Das wissen Nah- und DistributionslogistikerInnen, ExpertInnen für die Lagerung, den Transport und die Auslieferung von Briefen, Paketen und Postwurfsendungen.
  • Sie machen sich auf die Suche nach Fehlern, reparieren und montieren gerne: Ob E-Bike, Scooter oder Hover-Board – vieles, was Räder hat, ist die Leidenschaft von FahrradmechatronikerInnen.
  • Von Skifahren, Radsport bis zu Padel-Tennis: Sportgerätefachkräfte beraten KundInnen, passen die Sportgeräte an, warten, reparieren und montieren sie. Wer sein Interesse für Sport und Sportgeräte gerne teilt, kann eine Lehre als Sportgerätefachkraft absolvieren.
  • Sie bereiten SchauspielerInnen hinter der Bühne oder am Filmset für den großen Auftritt vor. Schminken, Haarteile herrichten, Bärte aufkleben oder ein Gesicht altern lassen: Das sind die Aufgaben von MaskenbildnerInnen.

Welche Neuerungen das aktuelle *Lehrberufspaket noch bringt

Ein junger Bau-Lehrling mit gelbem Schutzhelm lächelt, er befindet sich auf der Baustelle

© AMS / DoRo Filmproduktion

Vom Ausbildungsversuch zum regulären Lehrberuf wird die Ausbildung zur/zum BauwerksabdichtungstechnikerIn. In diesem Lehrberuf steht die Abdichtung von Bauwerken, um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern, im Zentrum. Umgekehrt sorgen die Isolierungsprofis dafür, dass Flüssigkeit von Schwimmbädern oder Tanks nicht nach außen dringt.

Neue „Bausteine“ – in Form von *Hauptmodulen und *Spezialmodulen – gibt es in den Lehrberufen Holztechnik (neues Hauptmodul Fensterbautechnik und neues Spezialmodul Design, Konstruktion und Projektmanagement) sowie Elektronik (neues Spezialmodul Satellitenempfangstechnik und Breitbandkabelnetze). Gleichzeitig wurde im Lehrberuf Elektronik die Struktur des Berufsbildes überarbeitet: Nun stehen zwei (statt bisher vier) Hauptmodule zur Wahl: Angewandte Elektronik sowie Informations- und Kommunikationselektronik.

Aus zwei getrennten Berufsbildern wurde eines: Zusammengelegt lautet der Lehrberuf Vermessungs- und GeoinformationstechnikerIn, der seit 2024 mit zwei Schwerpunkten erlernt werden kann: Vermessungstechnik und Geoinformationstechnik.

 

Unabhängig vom Fach: Nachhaltiges und digitales Arbeiten sind zentrale Kompetenzen

Die neuen *Ausbildungsordnungen gliedern sich – neben den fachlichen Kompetenzbereichen der jeweiligen Berufe – in drei überfachliche Kompetenzbereiche:

  • Arbeiten im betrieblichen und beruflichen Umfeld
  • Qualitätsorientiertes, sicheres und nachhaltiges Arbeiten
  • Digitales Arbeiten

Hier spiegeln sich die zentralen Trends Digitalisierung und Ökologisierung auch in den Ausbildungsordnungen bzw. Lernergebnissen wider.

Ausblick: Fachkraft für vegetarische Kulinarik ab 2025

Zwei angehende Köchinnen in weißer Berufskleidung schneiden in einer Küche Gemüse und Kräuter

© AMS / DoRo Filmproduktion

Nicht Teil des aktuellen *Lehrberufspakets, aber aktuell in Begutachtung und voraussichtlich neu ab 2025, ist die Ausbildung zur Fachkraft für vegetarische Kulinarik. Vorangegangen sind lange und hitzige Diskussionen um das „richtige Rezept“ für die Lehrausbildung. Der Trend in Richtung fleischlose Ernährung und damit einhergehend die höhere Nachfrage nach vegetarisch-veganen Gerichten von Seiten der Gäste, aber auch die Chance, junge Menschen für die Branche zu begeistern, sind gute Argumente für diese neue Ausbildung.

Einblick: Große Trends der Lehrlingsausbildung in Zahlen

Die Zahl der Lehrlinge ist in den vergangenen 15 Jahren stark zurückgegangen. Etwa 105.000 junge Menschen befinden sich in diesem Jahr in einer Lehrausbildung, 25.000 weniger als noch im Jahr 2008. Für diese Entwicklung über die Jahre verantwortlich sind unterschiedliche Faktoren: Der demografische Wandel führt zu einem Rückgang der Jugendlichen – und damit der (potenziellen) Lehrlinge. Nachfrageseitig spielt auch das Bildungswahlverhalten – also die Frage, ob Schule oder Lehre – eine Rolle. Angebotsseitig hat wiederum die wirtschaftliche Entwicklung Einfluss auf die Lehrlingszahlen, etwa weil Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zurückhaltender bei der Einstellung neuer MitarbeiterInnen agieren. Gesunken ist in den letzten Jahren auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe, außerdem verschiebt sich die Lehrlingsausbildung von kleinen und mittleren Betrieben in Richtung größere Unternehmen.

Immerhin ist das Interesse der Jugendlichen an einer Lehrausbildung seit vielen Jahren auf ähnlichem Niveau: 4 von 10 Jugendlichen entscheiden sich für den Ausbildungsweg Lehre.

Große Unterschiede gibt es regional und nach Branchen: Während im Westen Österreichs die Zahl der Ausbildungsplätze die Zahl der an einer Lehre interessierten Jugendlichen übersteigt, verhält es sich im Osten genau umgekehrt und es gibt für interessierte Jugendliche nicht genug Ausbildungsplätze. Zu den Branchen, in denen der Fachkräftebedarf sehr ausgeprägt ist, aber die Zahl der Lehrlinge überdurchschnittlich stark gesunken ist, zählen Tourismus und Gastronomie – Bereiche, die wiederum im Westen Österreichs stark vertreten sind. Um mit einem Positivtrend abzuschließen: Die Lehrlinge im Bereich IT haben sich im Vergleich zu 2017 fast verdoppelt. Und gesamt betrachtet haben sich die Lehrlingszahlen zuletzt stabilisiert.

Wussten Sie, dass …

… es in Österreich 228 Lehrberufe gibt?

…der Anteil der weiblichen Lehrlinge knapp ein Drittel ausmacht?

… die Top 3-Lehrberufe bei Mädchen Einzelhandel, Bürokauffrau und Friseurin (Stylistin) sind?

… die beliebtesten Lehrberufe bei Burschen Elektrotechnik, Metalltechnik und Kraftfahrzeugtechnik sind?

… dass die Lehrlingsentschädigung nicht in allen Berufen gleich ist? Beispielsweise erhalten angehende FriseurInnen im letzten Lehrjahr ab 1.275 Euro, MotorradtechnikerInnen hingegen ab 1.887 Euro.

… die meisten Lehrlinge – mit einem Anteil von über 20 Prozent – in Oberösterreich ausgebildet werden?

Glossar – wichtige Begriffe einfach erklärt

 

*Ausbildungsordnung: gesetzliche Ausbildungsvorschrift für einen Lehrberuf; legt die Lehrzeit und das Berufsbild mit den zu erlernenden Kompetenzen und Kenntnissen fest

*Ausbildungsversuch: Lehrberuf, der befristet eingerichtet wird und nach einer Probephase bewertet, gegebenenfalls verbessert und in einen regulären Lehrberuf überführt wird

*Lehrberufspaket: regelmäßige Sammlung von Änderungen, Anpassungen, neuen Lehrberufen, die in Österreich erarbeitet und beschlossen werden

*Modullehrberuf: Lehrberuf mit mehreren „Bausteinen“, grundsätzlich bestehend aus einem Grundmodul und einem darauf aufbauendenden Hauptmodul; darüber hinaus kann ein weiteres Hauptmodul oder ein Spezialmodul gewählt werden

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